Flames
Text: Andreas Gefeller
Haut, Fleisch, Knochen, Pilze, Embryonen – fast ist es, als schaute man beim Anblick meiner neuen Serie Flames in das Archiv eines historischen Naturkundemuseums, in dessen Regalen sich Glasbehälter aneinanderreihen mit Relikten aus fernen Regionen der Welt, aus einer fernen Vergangenheit. Zeugnisse des Lebens und Belege für skurrile Ergebnisse der Evolution. Oder in ein Museum der Zukunft, in dem nicht nur Sammelstücke irdischer Herkunft, sondern außerirdischen Lebens auf anderen Planeten gelagert werden.
Was wie biologische Strukturen fremder Organismen wirkt, deren Sinn dem Betrachter verborgen bleibt – amorph, wuchernd, luzide, fantastisch und unheimlich zugleich –, ist in Wahrheit weder flüssig noch fest, sondern einzig eine Darstellung von Licht. Mit extrem kurzer Belichtungszeit fotografiere ich eine Flamme und mache sichtbar, was für uns nicht sichtbar ist. Aus hell wird dunkel, aus gasförmig wird fest und Transparentes erhält eine Oberfläche. Andere Motive scheinen das Ergebnis einer Computersimulation zu sein, die einen abstrakten, dem Auge ohne technische Hilfsmittel verborgenen Vorgang visualisiert. Oder erinnern an Röntgenaufnahmen, die skelettartige Strukturen sichtbar machen. Oder an Bilder eines Elektronenmikroskops, das uns die Welt der kleinen Dinge eröffnet. Der schwarze Hintergrund bildet einen unbestimmbaren, weltallgleichen, grenzenlosen Raum.
Wieder bleiben meine Fotoarbeiten im Vagen und werfen Fragen auf nach dem wahren Ursprung des Dargestellten. Lebendig oder tot, gasförmig oder fest, groß oder klein, real oder digital. Gewesenes, Verwesendes – Flames entwirft eine Welt jenseits des Sichtbaren, einen unbekannten Ort in einer unbestimmten Zeit.